Exklusiv-Interview

Webcuts 2003

Interview mit den Veranstaltern der WEBCUTS, geführt von Max Lisewski für DMIG

area42, die c-base und neeneenee.de organisieren am 19. September zum dritten Mal Webcuts - InternetFilmfest Berlin.

Hallo allerseits! Was bitte ist Webcuts?

Eckhard (area42):
Webcuts ist ein FilmFest für Kurzfilme, die speziell für die Nutzung im Internet produziert wurden. Seit 2001 zeigen wir einmal im Jahr eine Auswahl an filmerischen Internetperlen und lassen das Publikum die besten auswählen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Netzfilme auf die grosse Kinoleinwand zu bringen?

Eckhard:
Also das war eigentlich ein sehr spontaner Gedanke. Im Sommer vor zwei Jahren kam ich nach dem Openair-Kinoevent Kurzfilmrolle auf die Idee mit Webcuts. Ich saß mit meiner Freundin in einer Cocktailbar und beim zweiten Drink vermischten sich dann das Kurzfilmfest und Bilder von echt beeindruckenden Internet-Filmen. Anfangs überlegten wir, dass es eigentlich toll wäre, die Filme mit ein paar Freunden auf einem Hof per Beamer im Grossformat zu gucken. Da war das noch gar nicht an Publikum, Preise und Gewinner gedacht.
Und dann fingen halt die Überlegungen an, wo man denn einen passenden Hof mit genügend Projektionsfläche und Platz für die Leute herbekommt.

Gilbert (neeneenee):
ich weiss noch genau wie du mich damals am nächsten Morgen ausm Bett geklingelt hast und mir erzählen musstest, dass du eine verdammt tolle Idee hast... wie schon des Öfteren!

Eckhard: (lacht)
Nicole, meine Freundin, war c-Base Member und meinte, dass es eigentlich eine lustige Aktion wäre, Webcuts (das damals noch keinen Namen hatte) dort zu machen. Also sprangen wir auf, verliessen die Cocktailbar und fuhren direkt zur c-Base - wo die Idee mit Begeisterung aufgenommen wurde.
Tja, und dann haben wir uns mit einem recht grossen Team daran gemacht, Webcuts 2001 zu organisieren. Im ersten Jahr war vieles natürlich unklar, es war das erste Mal, trotzdem lief erstaunlich wenig schief und wir waren zum Schluss auch ganz zufrieden, mit dem wie es so gelaufen ist. Damals war die Idee neu, lediglich die BerlinBeta hatte ein Side-Event, in dem Flashanimationen gezeigt wurden.

Und das war der Grund für euch, Flashfilme nicht ins Programm zu nehmen?

Eckhard:
Ja, unter anderem. Webcuts 2001 fand ja auch im Rahmen der BerlinBeta statt und wir wollten dem Publikum eine Alternative bieten. Bei den Webcuts geht’s darum, richtige Filme zu zeigen, die anders, die neu sind. Flash als Werkzeug eignet sich für Animationen, Intros, Interaktivität und Comics oder so, aber nicht für Kurzfilme. In anderen Bereichen, 3D oder im Compositing beispielsweise ist grade in den letzten Jahren so viel passiert, da war es viel einfacher, den Leuten Sachen zu präsentieren, die sie nicht schon 5mal zu Hause am Rechner gesehen hatten.

Ston3D (neeneenee):
Gerade was diese Verknüpfung von Design, Illustration, 3D und Compositing angeht, gab´s ja in den letzten zwei Jahren wirklich krasse Filme, wenn ich mich mal an Titel wie „anamorph“, „Video Computer System“ oder „Sweater Porn“ von 2001 erinnere, oder an die Beiträge von Nando Costa und Gmunk aus dem letzten Jahr... Das war wirklich schon beeindruckend, was die Kerle so zuhause mit ihren normalen Rechnern gezaubert haben.

Heftige 3D-Produktionen und Compositing-Sachen sind ja eigentlich garnicht am einfachen Hausrechner produzierbar.

Eckhard:
Um so spannender ist doch was Leute trotz dieser Hürde produzieren können. Dieses Jahr haben wir wirklich viele Filme bekommen, die technisch und ästhetisch wirklich perfektioniert wurden. Es ist uns sehr schwer gefallen, eine Auswahl zu treffen und einige Leute ablehnen zu müssen. Viele Arbeiten haben in der Produktion sichtlich viel Mühe und Arbeit gekostet und die Aufgabe des InternetFilmFestes ist es den Produzenten den nötigen Respekt zu zollen.

Siehst du darin die Aufgabe von Webcuts?

Eckhard:
Ja natürlich. Wir machen ja nicht nur einen lustigen Flimmerabend. Wir wollen dem Publikum mit diesem Event die Möglichkeit bieten, wirklich schöne Sachen aus dem Internet in einem entsprechenden Rahmen erleben und mitbestimmen zu können. Natürlich kannst du dir die Filme auch alle im Netz angucken, ohne Eintritt bezahlen zu müssen. Aber du hast bei Webcuts die Möglichkeit, zusammen mit netten Leuten dieses Material im Kinoformat zu sehen. Das ist schon was Besonderes. Dazu kommt ja noch die Wahl des besten Films durch das Publikum. Wir machen die Sache interaktiv, sind aber trotzdem real.

Martin(area42):
Und die Filmemacher haben durch uns die Chance, ein breiteres Publikum zu erreichen. Nachdem wir Anamorph & Co. 2001 gezeigt hatten, schwirrten sie noch eine ganze Zeit im Netz rum, viele Leute kennen diese Filme heute. Teilnehmer aus dem letzten Jahr wurden kurz nach den Webcuts von anderen Filmfestivals gefragt, ob ihre Filme gezeigt werden können, das freut uns natürlich.

Eckhard:
Die Webcuts sollen aber in erster Linie Inspiration bieten und zeigen, was im digitalen Filmbereich alles möglich ist. Das Festival läuft unkommerziell, es ist letztendlich der Spassfaktor, der uns jedes Jahr motiviert.

Wo seht ihr euch in 5 Jahren?

Martin:
Also wenn uns das Publikum die Türen einrennt und wir ein dickes Sponsoring haben, hätt ich auch nichts dagegen, eine riesen Leinwand am Potsdamer Platz aufzustellen und mit dem Festival umzuziehen... :)

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Exklusiv-Interview

Fortsetzung: Webcuts 2003



Könnt ihr schon was über das diesjährige Programm verraten?

Eckhard:
Der Einsendeschluss ist letzte Woche abgelaufen und wir haben uns daran gemacht, die Filme anzusehen. Im Gegensatz zu den letzten Jahren ist weniger Material aus Amerika und Südamerika dabei, dafür aber deutlich mehr aus Europa. Wir werden es dieses Jahr sicherlich mit Filmen aus Italien, Frankreich, Polen und Holland zu tun haben... Und die Deutschen halten sich brav zurück?

Eckhard:
Nein, das nicht. Aber ich muss sagen, die deutschen Beiträge sind alle nicht das Gelbe vom Ei. Ich habe so das Gefühl, als denken die Deutschen einfach zu viel nach über das was sie da machen.
Die Filme sind technisch auch oft ausgereift und perfektioniert. Sie sind aber oft soo vertrakt und bis ins Detail durchdacht, dass die Filme an Flow und Spannung verlieren. Die Brasilianer zum Beispiel machen immer richtig gute Sachen, die einfach rund sind und Spass machen beim angucken.

Gilbert:
Liebe dmig-Leute, bitte macht doch mal ein paar richtig gute Filme für Webcuts 2004! :)

Was sind das für Leute, die Arbeiten bei euch einreichen?

Eckhard:
Unterschiedlich Filmemacher, Compositing-Leute, 3D-Leute, die für sich Sachen machen oder Studenten, die Abschlussarbeiten einsenden. Oder Designer, die ihre Arbeiten in Demoreels zusammenfassen, um ihren ausdruck zu verleihen.
Diese Demoreels werden meistens ausserhalb der Wertung gezeigt, es sind ja in dem Sinne keine Kurzfilme. Sie können aber trotzdem sehr Interessant in ihrer Umsetzung oder in der technischen Perfektion sein.

Kommerzielle Sachen wie Werbespots oder Trailer zeigen wir nicht.

Also klassische Kurzfilme werden nicht gezeigt?...

Eckhard:
Nee, überhaupt nich. Design- oder 3D-Animationen sind ein neues Format. Ein normaler Kurzfilm wäre schon ein Bruch. Wenn es nur um Story geht, die Umsetzung aber standardmässig ist, oder die Filme einen zu künstlerischen Anstrich haben, fallen sie bei uns aus dem Konzept.

Martin:
Dieses Jahr haben sich einige der Filmemacher auch wieder zu Webcuts angemeldet. Anschliessend Open-End-Party in der C-Base, auf der man dann sicherlich mit den Künstlern sprechen kann.

Wer entscheidet, welcher Film zum Schluss gewinnt?

Eckhard:
Allein das Publikum. Wir hatten 2001 eine Jury, die die Filme auf filmerische und konzeptionelle Qualität hin ausgesucht hat. Das Problem ist, dass die Meinung der Jury und des Publikums zu weit auseinander lag.

Gilbert:
Es war interessant, die unterschiedlichen Entscheidungen von Jury und Publikum zu sehen, letztenendes entspricht eine reine Publikumsentscheidung aber mehr dem Konzept von Webcuts. Das Publikum geht unkomplizierter an die Filme ran und entscheidet auch mit nach Unterhaltungsfaktor. Letztendlich sind die Filme ja auch fürs Publikum da, es sind ja die LEUTE, denen der Film gefallen muss, nicht einer Jury.

Deshalb haben wir schon im letzten Jahr gesagt, wir lassen das Publikum darüber entscheiden, welche Movies sie am besten finden. Natürlich haben lustige Filme beim Publikum immer bessere Chancen als Sachen, die nicht so ganz leicht zu verstehen sind.

Diese demokratische Form von Bewertung entspricht meiner Meinung nach dem Medium Internet eher, als die autoritäte Bewertung einer Jury.
Generell ist die Wahl des besten Films aber eine Frage von Demokratie.

Bei den Webcuts geht es ja mit dem Zeigen seines Films darum, dass Leute sich unvoreingenommen die Filme ansehen, wie sie es auch zuhause tun könnten, und dann zusammen mit anderen entscheiden, welche Movies ihnen am besten gefallen hat.

Martin:
Das Publikum setzt sich ja auch aus unterschiedlichen Leuten zusammen. Da gibt’s die Designer, die dann zum Beispiel im letzten Jahr total auf die Illustratioinen von Nando Costa abgefahren sind und zum anderen die 3D-Leute, die bei dem französischen Gewinnerfilm „Grains“ total abgehn und sich danach stundenlang über Polygone unterhalten haben.

Eckhard:
...zum Schluss sind es dann doch die kleinen, lustigen Sachen, die alle Leute wieder auf einen Nenner bringen. Deshalb schneiden diese Filme wahrscheinlich auch am Besten ab. Wir hoffen aber natürlich, dass wir ab jetzt nicht NUR lustige kleine Sachen bekommen.

Was springen auf dem Event für Leute rum?

Eckhard:
Auf jeden Fall erstmal Interessierte, es sind schon viele Leute aus der Branche mit bei, aber auch Leute, die sich für 3D oder Design interessieren und viele die in die Branche reinwollen. Webcuts ist ja auch ein spezielles Event, eher uninteressant für den normalen Kinogänger.

Martin:
Dieses Jahr bin ich sehr gespannt auf das Publikum, weil wir sehr viel massiver und breiter für das Event geworben haben, ich denke es wird voller werden als letztes Jahr.


Vielen Dank, Jungs! Wann und Wo finden die Webcuts statt?

Die Webcuts 2003 finden am 19.September in der C-Base, Rungestrasse 20, 10179 Berlin statt.
Kostenpunkt sind 7.50 €,
für Studenten und Arbeitslose: 5.00 €

http://www.designmadeingermany.de/"http://www.webcuts.org/"
http://www.designmadeingermany.de/"http://www.area42.de/"

Anmerkung:
Area42 hat übrigens seit gestern, den 10.09.2003, eine überarbeitete Seite online.